Die Einführung der Elektronischen Patientenakte (ePA) als „ePA für alle“ im Januar 2025 markiert einen bedeutenden Fortschritt in der digitalen Gesundheitsversorgung in Deutschland.
Autor: Jörg Schiemann
Die ePA, die ursprünglich als Opt-in-Modell eingeführt wurde, wird nun auf ein sogenanntes Opt-out-Modell umgestellt. Dieser Artikel beleuchtet die Gründe für den Wechsel, die Vorteile der ePA für Patient:innen und den Prozess der Einführung nach aktuellem Stand.
Die Elektronische Patientenakte ist ein digitales System zur Speicherung und Verwaltung von Gesundheitsdaten. Die ePA ermöglicht es Versicherten, ihre medizinischen Informationen, wie Befunde, Arztbriefe, Medikationspläne, Impfungen, Labordaten und vieles anderes mehr, zentral und sicher zu verwalten. Die ePA soll dabei auch den Austausch der Gesundheitsdaten und -informationen zwischen den (behandelnden) Ärzten sicherstellen und so die Kommunikation zwischen verschiedenen medizinischen Einrichtungen (Ärzten, Krankenhäusern etc.) verbessern sowie Doppeluntersuchungen vermeiden und die medizinische Versorgung insgesamt effizienter gestalten.
Im bisherigen Verfahren mussten Versicherte seit Anfang 2021 aktiv zustimmen beziehungsweise tätig werden, wenn sie eine ePA nutzen wollten (sog. Opt-in Verfahren). Dafür musste dann die entsprechende App aus dem App Store auf das Handy des / der Versicherten geladen werden. Eine NFC-fähige elektronische Gesundheitskarte war zur Kommunikation mit dem Smartphone notwendig und die / der Versicherte musste sich elektronisch identifizieren. Ein nicht unkompliziertes Verfahren, welches sich wohl für viele potenzielle Nutzer als Barriere erwies. Tatsächlich wurde in den bisherigen rund dreieinhalb Jahren nur von knapp 1,5% der gesetzlich Versicherten eine ePA eingerichtet.
Nun soll das System Anfang nächsten Jahres auf ein sog. Opt-out-Modell umgestellt werden. Das bedeutet, dass jeder gesetzlich Versicherte automatisch eine ePA erhält beziehungsweise die ePA für ihn / sie eingerichtet wird – es sei denn, der Anlage der ePA vom/von der Versicherten explizit widersprochen.
Die Umstellung auf das Opt-out-System soll bis 15. Januar 2025 erfolgen. Der Wechsel erfolgt in mehreren Phasen, beginnend mit einer Informationskampagne der Krankenkassen im Herbst diesen Jahres, gefolgt von der automatischen Erstellung der Akten und letztendlich der Einführung des Opt-out-Verfahrens (wahrscheinlich mit einer vierwöchigen Pilotphase in nur einzelnen Regionen zu Beginn).
Die Einführung eines Opt-out-Systems bringt aber mehrere Vorteile mit sich.
- Erhöhte Nutzung:
Studien und Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass die Nutzung digitaler Gesundheitsakten deutlich zunimmt, wenn diese automatisch eingerichtet werden. Dies kann die Effizienz und Qualität der medizinischen Versorgung erheblich verbessern. - Bessere Datenverfügbarkeit:
Im Falle eines medizinischen Notfalls können Ärzt:innen schneller auf wichtige Gesundheitsinformationen zugreifen, was die Behandlung beschleunigen und potenziell lebensrettend sein kann. - Vermeidung von Doppeluntersuchungen:
Da alle relevanten Gesundheitsdaten zentral gespeichert sind, können unnötige Wiederholungen von Untersuchungen vermieden werden. Dies spart nicht nur Zeit und Kosten, sondern minimiert auch die Belastung für die Patient:innen. - Transparenz und Kontrolle:
Versicherte behalten die Kontrolle über ihre Daten. Ohne Aktivität können alle Ärzte in die ePA ihrer Patient:innen sehen. Aber im Umkehrschluss können Versicherte genau festlegen, wer keinen Zugang erhält.
Versicherte, die – aus welchen Gründen auch immer – keine ePA haben möchten, können jederzeit Widerspruch einlegen. Darauf müssen die Krankenkassen auch schon in ihrer Informationskampagne im Herbst explizit hinweisen und das Verfahren beschreiben. Das Verfahren selber soll einfach und unkompliziert sein. Typischerweise wird der Widerspruch formlos schriftlich oder telefonisch bei der jeweiligen Krankenkasse eingelegt werden können. Einige Krankenkassen bieten auch Online-Formulare an.
Die Umstellung auf das Opt-out-System für die ePA ist ein in jedem Fall bedeutender Schritt hin zu einer modernen und effizienten Gesundheitsversorgung in Deutschland. Sie bietet viele Vorteile, wie eine verbesserte Datenverfügbarkeit und eine effizientere Behandlung – für den einzelnen Patienten, aber auch – da Daten pseudonymisiert in ein Forschungsdatenrechenzentrum übertragen werden können – für das Gesundheitswesen in Deutschland als Ganzes.
Gleichzeitig bleibt die Autonomie der Versicherten gewahrt, da sie jederzeit die Möglichkeit haben, der Speicherung und Nutzung ihrer Daten zu widersprechen. Diese Balance aus Fortschritt und Datenschutz macht die ePA zu einem wichtigen Instrument für die Zukunft des Gesundheitswesens.
Jörg Schiemann ist Fachbereichsleiter für Digitalisierung im Gesundheitswesen. Wenn Sie Fragen zu diesem Artikel oder aus seinem Fachbereich haben melden Sie sich gerne unter: joerg.schiemann@bdo-ev.de