TABbyLI: BDO-Mitglied entwickelte Stift zur Tablettenaufbewahrung
Es heißt, dass Not erfinderisch macht. Für Lars Rüscher ist die Motivation indes eine andere: „Ich sehe, was nicht gut funktioniert – und dann tüftele ich so lange, bis ich eine bessere Lösung habe“, sagt der Elektrotechnik-Ingenieur. Das war schon so, als der heute 54-Jährige erstmals auf ein Herzunterstützungssystem angewiesen war; noch in der Reha skizzierte er eine praktische Gürteltasche für das Gerät – und eine befreundete Modesignerin schneiderte das Endprodukt. Ein Unikat, das schnell Nachahmung fand: „Inzwischen haben die großen Hersteller allesamt meine Idee kopiert“, erzählt das BDO-Mitglied. Und dabei schwingt auch ein wenig Stolz mit – nicht auf den Geistesblitz, sondern darüber, anderen Betroffenen das Leben zumindest ein wenig angenehmer gemacht zu haben.
Inzwischen ist Lars Rüscher seit rund vier Jahren herztransplantiert. Und kaum wieder auf den Beinen, stand das nächste Projekt auf der Agenda: „Ich habe schon immer viele Tabletten nehmen müssen und mich dabei ständig über diese Kunststoffboxen mit Schiebedeckel geärgert. Die sind sperrig, unhandlich und wenn sie einem aus der Hand fallen, liegen die Medikamente danach fast immer über den ganzen Boden verstreut“, beschreibt er. Und weil dem Ingenieur – wie die Donald-Duck-Übersetzerin Erika Fuchs einmal schüttelreimte – nichts zu schwör ist, entwickelte der Erfinder aus dem niedersächsischen Peine einfach eine eigene Tablettenaufbewahrung. Eine, die nicht nur in einer ganz anderen Liga spielt, sondern in einer ganz anderen Sportart unterwegs ist. Denn TABbyLI ist durch und durch ausgetüftelt.
Das fängt bei der Form an: Statt auf eine Box setzt Lars Rüscher auf einen Stift. Der Pillen-Pen besteht dabei aus drei ineinander schraubbaren Medikamenten-Segmenten für morgens, mittags und abends – und einem Clip als Endstück, sodass er in der Tasche von Hemd, Hose oder Jackett stets festen Halt findet. Der Clou: Die TABbyLI kann flexibel verkürzt oder verlängert werden. „Wenn ich zum Beispiel nach Feierabend bei Freunden zum Grillen eingeladen bin, dann nehme ich nur das Abend-Segment mit.“ Auf die gleiche Weise könnte der Stift auch verlängert werden, etwa mit einem zweiten Abend-Element – nötig ist das allerdings nur selten. „Ich habe die Prototypen mit vielen typischen Medikamenten- Kombinationen von Transplantierten getestet“, so Lars Rüscher. Und auch an eine Vielzahl von Nutzungskontexten hat er gedacht. Spritzwassergeschützt ist der Stift, so dass Immunsuppressiva und Co. auch am Strand oder Swimmingpool sicher aufbewahrt werden können; er kann – in maßvoller Frequenz – sogar in der Geschirrspülmaschine bei den für Transplantiert empfohlenen 70 Grad Celsius gereinigt werden; und einen Sturz vom Tisch steckt die smarte Tablettenaufbewahrung locker weg.
„Ich wollte von Anfang an ein Produkt entwickeln, das eine aktive Lebensgestaltung unterstützt. Denn wir sind ja nicht transplantiert worden, um für den Rest unseres Lebens auf dem Sofa zu sitzen“, so der 54-Jährige. Daher hat er seine TAByLIs auch selbst immer dabei: beim Sport, in der Gepäcktasche seines Fahrrads und im Urlaub sowieso. Um seine Vision von der perfekten Tablettenaufbewahrung umzusetzen, dafür hat Lars Rüscher nicht nur viel Zeit und Kreativität investiert, sondern auch einen hohen fünfstelligen Betrag: für den Bau eines Werkzeugs für die Serienproduktion und die erste Charge von 20.000 TABbyLIs aus lebensmittelechtem Kunststoff. Die gibt es bislang vor allem in gedeckten, unauffälligen Tönen – ergänzt um ein transparentes Anschauungsexemplar: „Wenn ich meine Erfindung in Apotheken oder Kliniken vorstelle, ist die erste Reaktion oftmals: Da passt ja gar nichts rein! Für diesen Fall habe ich immer den durchsichtigen Pen dabei.“
Auf Akquisentour ist Lars Rüscher in ganz Deutschland, hat inzwischen dutzende Apotheken und auch einige Pharma-Distributoren als Kundschaft gewonnen. Sein Ziel ist es nämlich, möglichst viele Menschen mit seinem Produkt zu erreichen: „Ich bin einfach davon überzeugt, dass es das Leben von Transplantierten und anderen, die regelmäßig Medikamente nehmen müssen, ein bisschen angenehmer macht“, sagt der Herztransplantierte – und schließt damit den Kreis zur damaligen Gürteltasche für das Unterstützungssystem.
ALEXANDER KALES
Alle Informationen zur TABbyLI sowie eine Bestellmöglichkeit gibt es auf www.tabbyli.de. Daneben ist die Tablettenaufbewahrung auch in mehreren Apotheken vor allem im süddeutschen Raum erhältlich. Das Wochenend-Set (bestehend aus drei TABbyLIs) kostet im Direktvertrieb über Lars Rüscher derzeit 21 Euro (inklusive Versand)