Am 21. September 2018 luden die Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim und die BDO-Regionalgruppe Mittelhessen (Gießen-Bad Nauheim) zum ersten Arzt-Patienten-HTX-Treff in die Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim ein.
Ziel ist, direkt in Bad Nauheim einen guten Rahmen für Betroffene zu schaffen, in dem sie sich austauschen können und fundierte, vielseitige Informationen erhalten. So kamen deshalb nicht nur Ärzte zu dieser Veranstaltung, sondern auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kerckhoff-Klinik, die in den verschiedensten Bereichen die Herzpatienten betreuen. Und es kamen nicht nur Patienten, die bereits ein Spenderherz erhalten haben oder auf der Warteliste stehen (und zum Teil nur noch mit einem Kunstherz weiterleben können), sondern auch zahlreiche Angehörige.
Das Interesse der Patienten und Angehörigen war so groß, dass die Kerckhoff-Klinik kurz entschlossen einen erheblich größeren Raum für die Veranstaltung bereitstellte, als ursprünglich geplant. Dies freute die Veranstaltungsorganisatoren besonders, da einige Patienten und Angehörige für jeden Besuch in der Kerckhoff-Klinik lange Anfahrten in Kauf nehmen. Umso schöner war es, sich diesmal ohne Untersuchungen treffen und austauschen zu können.
Mit vielen interessanten Aspekten aus der langen „Herz-Tradition“ der Kerckhoff-Klinik eröffnete der kaufmännische Geschäftsführer Ulrich Jung das erste Treffen. In guter BDO-Tradition wurde auch diese Veranstaltung professionell ärztlich begleitet. Oberarzt Dr. Manfred Richter von der Kerckhoff-Klinik sprach zu einem Thema, bei dem alle schwer Herzerkrankten und ihre Angehörigen erst einmal die Luft anhalten und hoffen, dass dieser Kelch an ihnen vorbei gehen möge: Kunstherz.
Doch mit seiner wohltuenden, wertschätzenden, sachkundigen und verständnisvollen Art verstand Dr. Richter, allen Beteiligten sachlich und mit einer Prise Humor das schwierige Thema näher zu bringen. Mit umfassenden Informationen und zum Teil tiefen Einblicken zog er uns alle in seinen Bann.
Dr. Richter steht nicht nur versiert am Operationstisch, er ist zugleich Leiter des Transplantationsprogramms der Kerckhoff-Klinik. Er nimmt sich Zeit für seine Patienten und deren Angehörige und steht ihnen mit ausführlichen, intensiven und tief verbundenen Gesprächen zur Seite, wenn sie benötigt werden. Dies trifft auf das gesamte Herz-Team der Kerckhoff-Klinik zu. Ganz herzlichen Dank dafür auch noch einmal von dieser Seite. Eine Angehörige hatte dies bereits in der anschließenden Fragerunde wunderbar ausgedrückt und der herzliche Beifall zu ihren ergreifenden Worten zeigte, wie tief die gegenseitige Verbundenheit in dieser überwältigenden Zeit im permanenten Ausnahmezustand und Überlebenskampf ist.
Herzunterstützungssysteme bieten die große Alternative zum „terminalen Stadium“, wie mit Fachbegriffen der Tod umschrieben wird. Mit einem Herzunterstützungssystem kann die Wartezeit auf ein Spenderherz verlängert werden. Geschenkte Lebenszeit. Doch wie will man beschreiben, was dies für Ärzte, Patienten und Angehörige bedeutet?
Aus ärztlicher Sicht sind Herzunterstützungssysteme die einzige Möglichkeit, das Leben des Patienten zu verlängern, wenn nichts anderes mehr geht und der Tod kurz bevorsteht, unausweichlich ist und kein Spenderorgan in Sicht ist. Dr. Richter drückte seine Dankbarkeit aus, mit Herzunterstützungssystemen die Möglichkeit zu haben, den Patienten die Möglichkeit zu überleben anbieten zu können, statt ihnen mitteilen zu müssen, dass sie austherapiert sind.
Erschütternd ist das Vergleichsbild, auf dem Dr. Richter in seiner Hand ein gesundes Herz kurz vor der Transplantation hält und in einer anderen Hand direkt daneben das entfernte, schwerstgeschädigte Herz liegt. Hier lag ergreifend nahe, worum es bei dem Thema Transplantation geht. Und was eigentlich Unfassbares geleistet wird, einem solchen Herzen – und damit dem betroffenen Menschen – mit einem Herzunterstützungssystem zum Weiterleben zu verhelfen. Und es verdeutlicht eindringlich, was für eine Gradwanderung dieser Zustand ist.
Dies in seiner ganzen Tragweite wahrzunehmen ist so wichtig. Als Angehörige eines Schwerstkranken Kunstherzpatienten kann ich die große Angst von Gegnern der Widerspruchslösung nachvollziehen, die befürchten, dass jemand getötet würde, um als Organspender für andere Menschen benutzt zu werden. Und die vielen Ängste und Einwände, die mit der Entscheidung bei so manchem verbunden sind.
Mein Mann und ich sind zutiefst überzeugt, dass jeder Mensch das Recht hat, frei zu entscheiden, ob er Organspender sein möchte oder nicht und dass dies zu respektieren und sicher zu stellen ist. Wie absurd wäre es, einem Menschen, seiner Familie und Freunden Leid zuzufügen, um es bei anderen zu lindern? Zumal eine Organspende für Empfänger keine Garantie bietet. Es gibt viele Transplantierte, die das Glück haben, viele geschenkte Jahre mit ihrem neuen Organ gut zu erleben, es gibt aber auch zahlreiche, bei denen es zu teils massiven Komplikationen kommt.
Die 10.000 Patienten, die derzeit auf der Warteliste stehen, sind für mich das beste Beispiel dafür, wie sehr sich unsere Mediziner für das Leben einsetzen. Und noch deutlicher wird dies bei den Herzpatienten, die nach Herzstillstand, bei tödlichen Herzrhythmusstörungen usw. immer wieder ins Leben zurückgeholt werden, statt ihre Organe für andere Patienten zu nutzen.
Deshalb beschäftigen nicht nur mich diese Fragen so sehr: Warum ist es in Deutschland möglich, dass so viele Menschen unnötig leiden und sterben müssen? Was ist in Deutschland die wahre Ursache dafür, dass es so wenig Spenderorgane gibt? Jeder hat das Recht, zu entscheiden, was mit ihm selbst geschieht. Aber der Rahmen, in dem das geschieht, entscheidet über Leben und Tod von geliebten Menschen. In Deutschland sollte es doch möglich sein, einen guten Rahmen zu schaffen, auf den Spender, Nicht-Spender und Empfänger vertrauen können.
In seinem Vortrag ging Dr. Richter auf verschiedene Herzunterstützungssysteme, deren Handhabung und Möglichkeiten ein und zeigte uns, wie diese Systeme aussehen und wie sie sich im Laufe der Jahre verändert haben und wohl noch verändern werden. Ziel ist, diese Systeme immer kleiner zu gestalten und den Ausgang zu externen Notwendigkeiten wie Batterien und Controller abschaffen zu können – ob dies jedoch gelingen kann, bleibt fraglich.
Heute haben bereits 40 Prozent aller Herztransplantierten nur durch ein Herzunterstützungssystem die Wartezeit überstehen können. Und es werden immer mehr, die so etwas benötigen. Auch ältere Menschen, die aufgrund ihres Lebensalters keine Herztransplantation bekommen können, profitieren von dieser Entwicklung. Dies betrifft oft ansonsten sehr gesunde Menschen, die an ihrer Herzerkrankung sterben würden.
Der Fall, dass sich ein Herz mit einem Herzunterstützungssystem erholt, kommt zwar vor, es ist aber äußerst selten, dass das System wieder entfernt werden kann. Dies hat auch damit zu tun, dass der Körperbereich um das Herzunterstützungssystem tief mit dem System verwächst.
Bei einer Transplantation und dem damit verbundenen Zeitfenster kommt es dadurch zu der Herausforderung, alles ohne schwerwiegende Verletzung Schicht für Schicht frei zu legen, selbst einzelne Adern müssen sorgfältig von Verwachsungen befreit werden, um das Herz entfernen zu können.
Auf den Vortrag folgte eine intensive Fragerunde und anschließend konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in lockerer Runde austauschen. Rüdiger Volke, einer der Leiter der Regionalgruppe Mittelhessen (Gießen – Bad Nauheim) des Bundesverbands der Organtransplantierten e.V., freute sich sehr über die große Teilnehmerzahl und den vielfältigen Zuspruch, diese Art der Veranstaltung regelmäßig zu wiederholen, ebenso BDO-Mitglied und stellvertretender Regionalgruppenleiter Wolfgang Kothe, der den Nachmittag souverän und herzlich moderierte. Wolfgang Kothe hat das Glück, vor vier Jahren ein Spenderherz erhalten zu haben. Er setzt sich seitdem immer wieder neue Ziele und eins davon war, diese Veranstaltung zu moderieren. Vielen Dank dafür, lieber Wolfgang!
„Wir hatten den Eindruck“, so Rüdiger Volke, „und das wurde uns auch von den Ärzten und Mitarbeitern der Kerckhoff-Klinik bestätigt, dass der Nachmittag sehr gefallen hat. Für diese Art der Bestätigung danken wir allen ganz herzlich und auch allen Mitarbeitern der Kerckhoff-Klinik für Ihre hervorragende Organisation – ohne sie wäre diese Veranstaltung so nicht möglich gewesen.“
Christiane Daum